..und schon heute Abend sind wir wieder zu Hause! Zur Zeit (04:45) hocken wir gerade am Bahnhof in Kiev und warten auf den Tag, um 17:00 geht der Flieger…

Die lange Reise von Jalta nach Osten – namentlich nach Sudak – hat sich gelohnt: Der Bus tuckerte waehrend mehreren Stunden durch die Huegel und ueber Paesse, vorbei an Weinbergen und selten vorbei an Schlagloechern, das alles in besserem Schritttempo und bei grosser Hitze. Ab und zu gab es einen Zwischenhalt in einem der vielen – mehr oder weniger wilden – Autocampings; also grossen Lager- und Zeltplaetzen am Meer voller badender Familien. Schliesslich war es schon fast dunkel, als wir in Sudak aus dem Bus kletterten und sofort von einer Hand voll Einheimischer umringt wurden, welche Zimmer vermieten.

 

Natuerlich konnte einmal mehr niemand Englisch oder Franzoesisch und alle waren etwas erstaunt, dass man ueberhaupt in ihrem Dorf landen kann, ohne Russisch oder Ukrainisch zu sprechen. Irgendwann kletterten wir dann in den verbeulten “Lada” eines lustigen, aelteren Ehepaars und liessen uns zu ihrem Haus fahren, wo es ein “Kwartira” zu geben schien. Dort angekommen holte man dann auch gleich den Schwager aus dem Bett, um uns dessen Zimmer vorzufuehren. Wenn man um das kleine Landhaus herum ging fand man Tualet und Kuchnia und im Garten waren gerade noch andere Zimmergaeste und ein gigantischer Hund (“as wi nes Chaub”). Da sie uns dann ehrlich sagten, man sei hier recht weit vom Meer weg und brauche auch fuers Zentrum den Bus, liessen wir uns zurueck ins Staedtchen bringen, um ein anderes Zimmer zu finden. Die beiden brachten uns dann zu ihrer gut Englisch sprechenden Tochter, welche mit uns dann zu einem “Zimmervermittlungs-Buero” (namentlich ein Kartonschild auf einem Plastik-Gartenstuhl am Strassenrand, dahinter ein paar rauchende Jungs mit Bierflaschen) ging. Nach einigem hin und her liessen wir uns dann in der Naehe ein Zimmer in einem Gaestehaus zeigen, fuer das wir uns schliesslich auf einen Preis mit der Vermieterin einigten – da wussten wir allerdings noch nichts von den kleinen Mitbewohnern (“Tarakani”) und dem graesslichen Gestank aus dem Lavabo…

Ein kurzer Mitternachtsspaziergang an der Strandpromenade war danach etwas ernuechternd: Die ganze Ortschaft schien eine riesige “Choeubi” zu sein, vollgestopft mit Discos, Spielhoellen, Grill- und Souvenirstaenden, Strip-Clubs, Auto-Scooter, Riesenrad und so weiter… Das alles natuerlich in unglaublicher Lautstaerke und mit unzaehligen blinkenden Lampen. So ist das also, wenn im Reisefuehrer steht “weniger touristisch”!

Am Dienstag (24.07.07) starteten wir mit einem ziemlich abenteuerlich schmeckenden Kaffee in den Tag und gingen anschliessend auf den Markt, um Proviant fuer den Strand zu kaufen. Bei der Gemuese-Frau sprach uns ein anderer Kunde mit “Sprechen sie deutsch?” an und erklaerte dann, er sei aus Kiev und wohne seit sechs Jahren in der Naehe von Bonn. Ihm konnten wir dann erklaeren, dass wir an einen Strand moechten, der ruhig und nicht von Menschen ueberlaufen ist, und prompt konnte er uns auf einem Stueck Karton eine “Adresse” aufschreiben. Wir liessen uns also in einem Taxi die gut 10 km durch die Huegel holpern und voila: ein fast menschenleerer Sandstrand! Damit hatten wir hier schon fast nicht mehr gerechnet und waren dementsprechend gluecklich und blieben dann auch ziemlich lange in dieser ruhigen Einsamkeit. So lange, bis offenbar kein Bus mehr fuhr – ziemlich lange warteten wir an der naechsten Haltestelle, welche wir vor einem Militaerstuetzpunkt gefunden hatten. Irgendwann entschieden wir uns dann fuer Autostopp, und so brachte uns schliesslich eine froehliche russische Familie zurueck ins Oertchen.

Im Nachbarort Novi Sviet, etwa 7 km westlich von Sudak, liegt in einer kleinen Bucht der Strand, an welchem frueher der russische Zar im Salzwasser planschte, zudem gibt es da die bekannteste Krim-Sekt-Kellerei . Da wollten wir natuerlich auch hin, und so quetschten wir uns am Mittwoch in einen Ausflugsbus und ueberwanden einmal mehr ein paar Erhebungen des beruehmten Krimgebirges. In Novi Svit selbst fanden wir erst mal wieder einen gut gefuellten Strand, irgendwann dann auch noch ein Taxi-Boot und noch etwas spaeter ein Paeaerchen aus Kiev, welches mit uns das Taxi-Boot zum Zarenstrand teilte. Endlich rasten wir mit dem kleinen Boot los, rund um maechtige Felsen und das Botanische Reservat, welches sich ueber diesen Kuestenteil erstreckt.

Der Zarenstrand lag tatsaechlich sehr idyllisch uns es gab nicht mal sehr viele Leute – den Grund dafuer lernten wir in Form eines Strandwaechters kennen, der gleich nach unserer Ankunft eine Gebuehr von ca. 5 CHF einkassieren kam. Leider war das Wasser voller (ungiftiger) kleiner Quallen und ziemlich trueb und schmutzig, aufgewuehlt von den unzaehligen Motoorbooten, welche als Taxi oder Wasserski-Schlepper staendig in die Bucht hinein und wieder hinaus fuhren – natuerlich verbunden mit ordentlich Laerm. Auch die vielen Ausflugsschiffe, welche aus Orten an der ganzen Krim-Riviera zu der beruehmten Bucht kamen, machten die Sache nicht gerade “koeniglich”, trotzdem konnten wir den Tag an der Sonne geniessen. Nach dem die bruetend heisse Sonne hinter den Bergen verschwunden war wanderten wir auf dem “Golyzin-Pfad” durch das Reservat zurueck, durch eine (auch fuer Alpenbewohner) eindrueckliche Gebirgslandschaft und vorbei an einer beruehmten Grotte, in der eben dieser Graf Golyzin im 19. Jahrhundert Champagner lagerte und Partys fuer die urlaubenden “Reichen&Schoenen” aus Europa und Russland veranstaltete.

Wieder einmal hatten wir den letzten Bus verpasst, diesmal denjenigen von Novi Sviet nach Sudak. Mit einer Falsche Bier in der Hand warteten wir aber bereits so ruhig und gelassen wie die Einheimischen (welche uebrigens oft und gerne warten bzw. anstehen – man steht hier sogar an der Bushaltestelle in einer Einerkolonne…) bis sich dann ein Paar fand, welches mit uns ein Taxi teilte und dieses auch gleich organisierte. So gelangten wir zurueck zur Unterkunft, wo wir in der Gemeinschaftskueche von einer jungen Moldavierin angesprochen wurden. Es hatte sich herumgesprochen, dass Schweizer im Haus sind, welche nicht Russisch koennen, und offenbar hatte man diskutiert, wie und vor allem wieso man dann auf der Krim sein konnte… “Is this some kind of extreme-tourism?” wollte die Frau von uns wissen…

Um unseren letzten Tag am Meer noch einmal in Ruhe zu verbringen, fuhren wir am Donnerstag noch einmal in die einsame Bucht, die uns der Deutsch sprechende Ukrainer auf ein Stueck Karton geschrieben hatte. Zuvor wollten wir aber noch die genuesische Festung besichtigen, welche das Wahrzeichen von Sudak ist und ziemlich maechtig am Berg ueber der Ortschaft wacht. Bei schon ziemlich grosser Hitze kletterten wir auf den Huegel, welcher von den (allerdings rekonstruierten und nicht original erhaltenen) Mauern der Festung umschlossen wird – natuerlich in den Sandalen nicht ganz so flink wie die Ukrainer und Russen, welche mit diesen Schuhen vermutlich sogar einen Viertausender besteigen wuerden – und auch keine Angst kennen, wenn es um heikle (um nicht zu sagen: lebensgefaehrliche) Kletterpartien hoch ueber der Kueste geht.

Der Taxifahrer, der uns spaeter zum Strand brachte, war offenbar nicht ganz legal unterwegs, wartete er doch mit seinem “Wolga” in einer verwinkelten Gasse auf Fahrgaeste und nahm das Taxi-Schild vom Dach, nach dem wir uns auf einen Preis geeinigt hatten und in den Wagen stiegen… Dafuer war er freundlich und froehlich strahlte durch seine Goldzaehne, als ihm ein paar deutsche Worte in den (“Nichx versten. Guten Mordgen!”) Sinn kamen, welche er vor vierzig Jahren gelernt hatte, wie er uns klar machte. Um am letzten Abend nicht noch einen 10 km Marsch zu risikieren bestellten wir den lustigen Kerl gleich wieder auf den Abend ans Meer, um uns abzuholen, was hervorragend klappte. So liessen wir uns dann auch gleich am Freitag Morgen von ihm zum Bus-Bahnhof bringen – das kostete dann allerdings etwas viel, weil er fuer 07:00 Uhr auf einem Extra-Frueh-Zuschlag beharrte…

Um halb zehn waren rollten wir dann mit dem Bus in Simferopol ein, dem Hauptort und -verkehrsknotenpunkt der Krim. Einem letzten Marktbesuch beim imposanten Bahnhof (auf dessen Turm – wie an vielen Orten – noch der rote Stern der Sowjets montiert ist) folgten enge und heisse 17 Stunden im Zug, unterbrochen von laengeren Pausen an verschiedenen Bahnhoefen der Suedukraine, wo man bei einheimischen Suessigkeiten, Obst, Bier und Schnaps und Wasser kaufen konnte – als Highlight gab es einmal einen Tisch mit grossen, getrockneten Fischen, welche jeweils von den Kunden “aufgeklappt” wurden, um die Qualitaet des Inneren zu pruefen! Das Abteil teilten wir uns mit einer Familie aus den Karpaten – und sie mit uns die Aprikosen und Birnen, welche sie gleich kistenweise gekauft hatten.

Heute um 17:00 Uhr geht der Flieger nach Genf – und dann hoffen wir, kommen wir irgendie wieder nach Entlebuch (mit dem Zug reicht es vermutlich nur bis nach Langnau). Vorher treffen wir noch Phils Arbeitskollegen Stefan in Kiev, der mit seiner Frau auf dem Weg zu deren Verwandschaft im Osten des Landes ist und gerade heute noch in Kiev ist…


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