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Genau richtig im Gelände: Lada Niva 4×4

Um der unerträglichen Hitze und dem penetranten Abgasgestank (mit der typischen ex-Sowjet-Note von unzähligen alten Lada- und Wolga-Motoren) der Grossstadt Tbilisi zu entfliehen, machen wir uns am Montag auf den Weg in den grossen Kaukasus. Diese Gebirgskette trennt Russland von Georgien/Aserbaidschan und wird von der georgischen Heerstrasse durchquert; ein über tausend Jahre alter Karawanen-Weg, der im 19. Jahrhundert von den Russen zur Strasse ausgebaut wurde. Mit dem klapprigen Einer-Golf unseres Fahrers Tengis rollen wir in Richtung der mächtigen Berge – allerdings mussten wir zuerst in der Stadt etwas Gas tanken, um bis zu einer günstigen Tankstelle zu gelangen und dann dort vollzutanken …

An den waghalsigen georgischen Fahrstil (geprägt von konstantem Überholen und Schlagloch-Ausweichen) haben wir uns ja schon etwas gewöhnt, neu kommen allerdings die Kühe hinzu, welche alle paar Kilometer auf der Fahrbahn in der Sonne liegen und – Gegenverkehr hin oder her – umkurvt werden wollen. Bei der Festung Ananuri, malerisch oberhalb eines Stausees gelegen, machen wir einen ersten kurzen Halt. Bald darauf beginnt die Strasse zu steigen und die Landschaft erinnert uns immer mehr an die Schweizer Alpen – einfach alles viel grösser und mächtiger. Irgendwann hört der Asphalt auf und wir fahren auf Naturstrasse, entgegen kommen von Zeit zu Zeit riesige Lastwagen mit armenischen und ukrainischen Kennzeichen, begleitet von lästigen Staubwolken.

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Eine Aussichtsplattform aus Sowjetzeiten an der georgischen Heerstrasse

Alpen des Ostens

Als wir schon auf über 2000 Meter Höhe sind, fahren wir durch den Skiort Gudauri, bevor wir dann den 2397 Meter hohen Pass Dzhvris Ughelt überqueren. Das Panorama ist atemberaubend: gigantische Berge und tiefe Schluchten, auf deren Grund Herden von Kühen und Pferden an wilden Bächen Abkühlung suchen. Die Nordseite des Passes scheint anfällig für Lawinen zu sein, wir fahren an engen Galerien und Tunnels vorbei – und nicht etwa hindurch! Hier gibt es nämlich jeweils noch eine Strasse neben dem Tunnel, so dass man sich in der schneefreien Zeit nicht durch die unbeleuchteten Löcher tasten muss.

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Festung Ananuri

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Eine Pflanzenwelt, die an die Alpen erinnert

Georgische Gastfreundschaft und Live-Musik

Gegen Abend erreichen wir dann Kazbegi, das letzte Dorf vor der russischen Grenze. Im Haus von Maya werden wir herzlich Willkommen geheissen. Schnell wird die Stube in eine Bleibe für uns umfunktioniert, indem aus der Couch ein Bett wird. Maya spricht etwas Deutsch und ihr Sohn und seine Freunde Englisch und ebenfalls etwas Deutsch – und sie ist wohl die beste Köchin im ganzen Kaukasus: innert Kürze füllt sie den ganzen Tisch mit verschiedensten georgischen Köstlichkeiten, da wir ja kein Fleisch essen gibt es halt um so mehr verschiedene Salate und das frisch geschlachtete Lamm bleibt zugedeckt in der Ecke. Nur für den Fahrer gibt es eine ordentliche Portion Fleisch, und er muss seine Empörung über unseren Fleischverzicht gleich mit ein paar Gläsern Wodka hinunter spülen. Sein Räuschchen schläft er dann im VW Golf aus, wo er übrigens auch den ganzen nächsten Tag verbringen wird.

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Endlich georgisches Essen!

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Nach dem Essen sitzen wir alle noch eine Weile vor dem Haus zusammen, geniessen den kühlen Abend und werden mit „live“ gesungenen georgischen Liedern mit Gitarrenbegelitung verwöhnt.

Felsen, Täler, Klöster…

Am Dienstag brechen wir früh auf, haben wir uns doch vorgenommen, zur Kirche Tsminda Sameba (Heilige Dreifaltigkeit) hoch zu wandern, welche eindrücklich auf einem Felsen hoch über dem Dorf thront und das Wahrzeichen Kazbegis ist. Da wir aber am Nachmittag unbedingt noch reiten wollen – und auch weil wir den steilen Aufstieg etwas scheuen – lassen wir uns schliesslich im Lada Niva-Taxi auf den Berg kutschieren. Dabei holpern wir über eine regelrechte Geländepiste – und kommen uns jedes Mal etwas schäbig vor, wenn wir mit laut heulendem Motor schwitzende Wanderer überholen. Die Kirche auf 2200 m. ü. M. beeindruckt uns schliesslich sehr und man kann sich kaum vorstellen, wie im 14. Jahrhundert ein solches Bauwerk an dieser Lage erstellt werden konnte.

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“Tsminda Sameba” Kirche (links) und der mächtige Berg Kazbek im Morgenrot

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Nochmals die “Tsminda Sameba” Kirche (Heilige Dreifaltigkeit)

Unser Jeep-Fahrer nutzt die Gelegenheit und füllt gleich den ganzen Kofferraum mit Material, welches ihm die Priester mit auf den Weg geben. Auf dem Rückweg wird er plötzlich gesprächig, macht Werbung für weitere Touren. Zurück im Dorf nimmt er uns noch mit zu sich nach Hause, probiert uns etwas zu erklären, wobei auch die Wörter „dog“ und „champion“ vorkommen. Wir wissen nicht genau, was er mit uns vorhat, setzen uns vor dem Haus aber mal wie angewiesen auf die Bank und warten. Schon bald werden wir mit „Chatschapuri“ (eine georgische Spezialität, eine Art Käsekuchen) verköstigt. Stolz zeigt er uns dann seine kaukasischen Hirtenhunde – riesige weisse Tiere, schon der drei Monate alte Welpe würde wohl jeden Entlebucher Sennenhund überragen!

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Yvonne mit einem 3 Monate (!) alten kaukasischen Hirtenhund

Ein Freund des Jeep-Fahrers nimmt uns später mit auf den gebuchten Ausritt, und wir reiten etwa eine Stunde lang durch Blumenwiesen in einem Seitental – für Yvonne ein schöner Ausritt, für das Reit-Greenhorn Phil ein steter Kampf mit dem widerspenstigen Gaul, der lieber fressen als laufen möchte… Am späten Nachmittag setzen wir uns dann nochmals in den russischen Geländewagen und rumpeln durch die Dariali-Schlucht der Grenze zu Russland entgegen. Noch bevor wir diese erreichen, biegen wir wieder in ein enges Seitental ein, vorbei an einem Subaru, der auf dieser Geröllpiste keine Chance hat und weiter, bis auch der Lada vor einem Bachbett zu stehen kommt. Von hier wandern wir in die Schlucht hinein, an einem Bach entlang, vorbei an einer üppigen Pflanzenwelt und Schmetterlingen, bis wir an deren Ende vor einem etwa dreissig Meter hohen Wasserfall stehen. Als wir wieder beim Auto zurück sind, hat der Fahrer unterdessen verschiedene Heil- und Teekräuter gesammelt und erklärt uns, welche Pflanzen gegen welche Leiden helfen.

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Das grösste Glück auf dieser Erde – liegt auf dem Rücken der Pferde…

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Blick in den Dariali-Canyon

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Rinder-Slalom

Zurück im Dorf zurück wartet schon Mayas wunderbares Abendessen auf uns – eine willkommene Stärkung vor der langen Fahrt zurück in die Stadt. Über drei Stunden sind wir unterwegs, und unser Pilot flitzt jetzt auch knapp an stehenden Kühen vorbei. Diese in unseren Augen waghalsigen Manöver halten uns nach dem langen Tag wach – aber Tengis steigert sich noch, indem er schliesslich auch mitten durch die Strasse überquerende Rinderherden hindurch kurvt, ohne wirklich langsamer zu werden!

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Kühe auf der Brücke…

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Abschiedsessen bei Maya

Die Luft wird unterdessen immer etwas schlechter und die Aussentemperatur steigt – bis wir gegen acht Uhr Abends schliesslich wieder in Tbilisi sind und im schon vertrauten Hotel Charm müde in die Betten sinken.