Ungewohnt überpünktlich starten wir unsere Reise am Entlebucher Bahnhof. In Zürich stellt sich heraus, warum AirBaltic das günstigste Angebot gewesen ist: Pro Person müssen wir 25 Fr. fürs Gepäck draufzahlen… Im Flugzeug angekommen, sind unsere Plätze zuhinterst besetzt von einer Familie und die Flight Attendant ist mit der Organisation überfordert. So kämpfen wir uns gegen den Strom der eintretenden Gäste zurück nach vorne und warten. Immerhin können wir nachher ganz vorne sitzen. Nach drei Stunden Zwischenlandung in Riga geht’s endlich weiter nach Tbilisi (Tiflis). Wir haben vorgängig ein Hotel zuerst per Email, danach (da wir keine Antwort erhalten haben) per Telefon kontaktiert und ein Zimmer und einen Flughafentransfer reserviert. Allerdings machen wir uns nicht allzu grosse Hoffnungen, dass dies klappen würde und stellen uns eher darauf ein, Nachts um 1 Uhr ein Taxi zu nehmen und ein Hotel suchen zu müssen.

Dann am Flughafen die grosse Überraschung: Nicht ein, nein zwei Schilder mit meinem Namen entdecken wir in der Menge: Yvonne Vogel (Reservation per Mail) und Ewon Vukal (Reservation per Telefon) – was für ein toller Empfang! Wir probieren das Missverständnis so gut es geht aufzuklären, die beiden scheinen aber glücklicherweise überhaupt nicht verärgert zu sein und chauffieren uns zum Hotel Charm. Dort werden wir sehr freundlich empfangen und in ein Riesenzimmer gebracht, wo wir müde in das extrabreite Bett sinken.

Morgenessen im Hotel Charm

Frühstück im Hotel Charm

Nach dem Frühstück im noblen Esssaal erkunden wir die Stadt, trinken einen Kaffee im Marriot, schlendern der Rustaweli-Strasse mit ihren riesigen Gebäuden aus dem 19. Jh. entlang, probieren die Metro aus und lassen alles auf uns wirken. Später werden wir von Regen überrascht. Möglichst ohne nass zu werden und hungrig suchen wir die im Lonely-Planet empfohlenen Restaurants. Dies stellt sich als schwieriges Unterfangen heraus, einerseits scheint die Nummerierung der Häuser jeglicher Logik zu entbehren und andererseits ist hier alles im Umbruch, Umbau, Neubau und vieles scheint nicht mehr zu existieren. Schliesslich rettet uns ein brandneues, stylisches italienischens Restaurant vor dem drohenden Hungerloch.

Orientierungsprobleme?

Orientierungsprobleme?

Von Kirchen, umfangreichem Polizeiaufgebot und pflichtbewussten Gärtnern

Freitag: Heute steht ein wenig Sightseeing auf dem Programm. Wir besichtigen die Metechi-Kirche, welche auf einer Anhöhe steht und zu Sowjet-Zeiten in ein Theater umfunktioniert worden war.

Metechi Kirche, Tbilisi

Metechi-Kirche

Nach der gestrigen nassen Erfahrung stellen wir uns heute auf den Regen am Nachmittag ein und planen für diese Zeit einen Kaffeehalt, verbunden mit Blogeintrag schreiben. Während Phil den vergessenen Laptop holt, wird Yvonne von der Restaurantterrasse aus Zeugin einer georgischen Polizeiaktion. Vorerst beschäftigten sich drei stämmige Sicherheitsleute mit zwei jungen Damen, trotz intensivem Beobachten kann ich das Problem nicht eruieren. Nach und nach kommen immer mehr Leute in Uniformen dazu, der Parkwächter, zwei Polizisten. Zwei Polizeiautos vervollständigen schliesslich das Ganze Szenario. Das Spektakel dauert eine Weile und ähnlich dem Telefonspiel wird jeder Neuankömmling wieder informiert. In der Reihenfolge, wie sie aufgetaucht sind, verschwinden die Beteiligten nach und nach wieder, bis schliesslich nur noch die Sicherheitsleute zurückbleiben.

Spuren eines Erdbebens?

Spuren eines Erdbebens?

Offenbar sind sich die Leute hier keine Gewitter gewohnt, denn trotz einsetzendem Regen und starkem Wind bleiben die Stereoanlage draussen und die Sonnenschirme offen. Das führt dazu, dass Phil sich als Sonnenschirmretter betätigen muss. Der vorbeikommende Gärtner tränkt die bereits kräftig beregneten Blumen steinhart nochmals mit dem Gartenschlauch. Ein paar Minuten später verwandelt sich die Treppe vor dem Restaurant in einen reissenden Bach und wir flüchten ins Trockene.

Regen in der Altstadt von Tbilisi

Bei Regen: aus Treppen werden Flüsse…

Ein königliches Badevergnügen

Zurück im Hotel Charm klopft es an der Zimmertür und mit „You have bus!“ (bath) werden wir an das gebuchte Bad erinnert. Tbilisi hat seinen Namen nämlich von den Schwefelbädern, welche hier seit dem 7. Jahrhundert stehen und immer wieder Könige, Schriftsteller und Dichter begeisterten. Was heutzutage für den georgischen Präsidenten gut ist, soll uns auch recht sein. Gerade verlässt ein Rolls Royce den Parkplatz vor dem niedrigen Gebäude mit den vielen Kuppeln.

Bäder in Tiflis

Die Kuppeln der Halb-Unterirdischen Schwefelbäder (Foto ausnahmsweise nicht von uns sondern von tbilisi.gov.ge)

Gut, dass uns die sehr nette und hilfsbereite Hotelbesitzerin Nino vorbereitet hat auf die: „Strong women, you know, not too strong, but with caracter“, diese empfängt uns nämlich laut schimpfend und mit Deutung auf das linke Handegelenk. Naja, wir hatten uns ein wenig verspätet.

In einen Vorraum mit Polstergruppe ziehen wir uns um und öffnen die Tür zum Bad, wo uns bereits der typische starke Schwefelgeruch in die Nasen steigt. Langsam steigen wir ins gefühlte 50 Grad heisse Wasser, welchem eine heilende Wirkung gegen alles mögliche nachgesagt wird.

Im Schefelbad

Phil im Schwefelbad, kurz vor dem sieden…

Ein Klopfen, die Tür öffnet sich und Phil wird angewiesen, seine Badehhose anzuziehen: Eine Frau betritt den Raum. Yvonne muss sich auf die Marmorliege legen und wird mit einer Art Peelinghandschuh bearbeitet, so dass sich ganze Hautfetzen lösen. Mit heissem Wasser wird danach alles weggespült und nun folgt das Einschäumen bis der ganze Körper mit einer dicken weissen Schaumschicht überzogen ist. Ich fühle mich in die Kindheit zurückversetzt. Noch eine kurze Massage, die Frau verschwindet und Phil ist an der Reihe. Ein Mann kommt hinein und waltet seines Amtes. Es handelt sich um ein ähnliches Prozedere, nur diesmal um einiges rauher. Klopfen und Zerren, gefolgt von einem kurzen Peeling, einschäumen und abspülen, warmes und eiskaltes Wasser im Wechsel!

Unglaublich sauber und porentief rein treibt uns nach dem Baden der Hunger einmal mehr in eines der schicki-micki Restaurants, da wir leider immer noch kein georgisches Restaurant gefunden haben.

Respublikis Moedani, Tbilisi

Respublikis Moedani (Platz der Republik)

Neue und alte Brücke spiegeln sich im Mtkwari

Alte und neue Brücke spiegeln sich im Mtkwari